Womöglich ist es das letzte runde Jubiläum: Doch selbst wenn sich die SG Motor Freital im kommenden Jahr mit dem Hainsberger SV und dem FV Blau-Weiß Stahl Freital zu einem neuen Freitaler Großverein mit mehreren Sportangeboten zusammenschließen sollte, bleibt die Tradition und auch die Erinnerung an viele erfolgreiche wie erlebnisreiche Jahrzehnte bestehen. In diesem September feiert die SG Motor ihr 70-jähriges Bestehen.
Und an diesem Freitag blickt der Verein zusammen mit vielen ehrenamtlichen Mitgliedern, Vertretern des hiesigen Kreissportbunds und weiteren Unterstützern an seiner Heimstätte, dem Freitaler Stadion des Friedens, auf die vergangenen sieben Jahrzehnte zurück. Doch nicht nur das.

„Vor allem ist es eine Veranstaltung, bei der wir uns bei den Ehrenamtlichen unseres Vereins ganz herzlich bedanken wollen“, erklärt Dr. Gerd Lotze, der seit 2001 Vorsitzender der Sportgemeinschaft ist.

Im September 1949 gründeten die ersten Sportfreunde aus dem Eisenhammerwerk Dresden-Dölzschen eine Betriebssportgemeinschaft (BSG). Obwohl dieser Betrieb auf Dresdner Flur stand, erhielt der Sportverein aufgrund der praktischen Nähe zu Freital den Namen „BSG Stahl Ost Freital“, da zudem als Trägerbetriebe noch Fördertechnik und Schokopak hinzukamen. Dies führte dann auch 1951 zur Umbenennung in BSG „Motor Ost Freital“.
Im Gründungsjahr zählte die BSG 88 Mitglieder, die sich in den Sektionen Fußball, Leichtathletik, Schach, Tischtennis und Turnen sportlich betätigten. Mit der ersten Umbenennung hatte sich deren Zahl schon verdoppelt. 1960 wurde die Palette der Trägerbetriebe um das Pressenwerk, die Kamerawerke und den Glasmaschinenbau erweitert.
Gleichzeitig trat die BSG „Wismut Freital“ dem Verein Motor Ost bei, weil deren Trägerbetrieb weggefallen war. Dies alles führte im besagten Jahr zu einer erneuten Namensänderung in BSG „Motor Freital“, der bis auf den Zusatz BSG auch noch heute besteht. Durch den Zusammenschluss mit Wismut kamen die Judosportler als besonders attraktive Sektion hinzu. Auch Dr. Gerd Lotze wechselte übrigens 1958 mit.
Der Lauf der Zeit zeigte ein stetiges Kommen und Gehen im Verein, sowohl bei den Mitgliedern, als auch bei den Sektionen, wobei Schach und Tischtennis nicht allzu lange bei Motor existierten. Die 1960er und 70er Jahre sollten wohl mit über 700 Mitgliedern als die Glanzzeit des Vereins betrachtet werden, erklärt der Vereinschef. Damals gab es bis zu acht Sektionen. So zählten auch Rugby, Federball, Judo, Popgymnastik und Wandern dazu.
„Hauptaugenmerk unseres Sportvereins war stets das Heranführen von Kindern und Jugendlichen an eine sportliche Betätigung. So war es auch völlig normal, dass die besten Sportler zu Sportklubs, zum Beispiel zum SC Einheit Dresden, delegiert wurden“, so Lotze weiter. Leichtathletik-Talent Klaus Neumann von Motor holte etwa im Dreisprung für den SC Dynamo Berlin 1964 den DDR-Meistertitel und 1968 den DDR-Rekord mit 16,82 Metern, was damals sogar gesamtdeutscher Rekord gewesen wäre.
Diese stetige und gute Entwicklung wurde jedoch durch die großen Wirren und Umwälzungen der Wendezeit Anfang der 1990er Jahre abrupt gestoppt. Der Wegfall der Unterstützung durch die Trägerbetriebe und die damit einhergehende nötige Selbstfinanzierung führten dazu, dass schließlich nur die Abteilungen Fußball und Leichtathletik überlebten. Vor allem dem Engagement des heutigen Klub-Vize Dietmar Hofmann sei es zu verdanken gewesen, dass der Verein die Wendezeit überstand. Der Name änderte sich in jener Zeit nur geringfügig: Aus der BSG wurde die SG. Die Freitaler Bogenschützen traten dem Verein 1992 bei.
Mit der Diskuswerferin und Kugelstoßerin Siena Christen stellte Motor aber zum Beispiel auch eine Medaillengewinnerin bei den Paralympics. Bei den Olympischen Sommerspielen der Menschen mit Behinderung im Jahr 2000 in Sydney holte sie Bronze im Kugelstoßen. Später errang sie bei Leichtathletikwettkämpfen der Senioren weitere Erfolge. Titel und Podestplätze feierten indes auch andere Sportler des Klubs, insbesondere im Bogensport und in der Leichtathletik.
Die SG Motor mit aktuell rund 200 Mitgliedern hat zuletzt vor allem im Bogensport enormen Zulauf verzeichnet. Die Fußballer, die nach ihrem Rückzug aus der Kreisoberliga in der Kreisklasse neu starteten, bilden nicht die stärkste Abteilung des Klubs. Es sind laut Dr. Gerd Lotze die Leichtathleten, die jetzt die meisten Vereinsmitglieder stellen.
Im Juli 2020 könnte die Sportgemeinschaft aber nach einer Fusion selbst Geschichte sein. Wie die beiden geplanten Partner vom Hainsberger SV und von Stahl Freital vermochte es auch die SG bisher nicht, trotz aller Anstrengungen, ihre Stärken entscheidend umzusetzen. Vor allem mit personellen Problemen bei Übungsleitern, Organisation und vielem mehr hatten und haben alle drei Klubs zu kämpfen.
Mit einer Bündelung der vorhandenen Kräfte zu einem neuen Mehrspartenverein, mit rund 1500 Mitgliedern dann der größte im Landkreis, könnte vor allem dem personellen Mangel, aber auch der Nachwuchs besser gefördert entgegengewirkt werden. So hoffen es die Befürworter. In der kommenden Woche gibt es ein Vorberatungstreffen der Vereinsführung. Die Ergebnisse sollen dann Grundlage für die Diskussionen bei den für Anfang Dezember geplanten Mitgliederversammlungen zum Thema Fusion sein. (skl)