Sichtlich geschafft, aber glücklich präsentierte sich Francesco Friedrich vom BSC Sachsen Oberbärenburg am Dienstag in Pirna nach seiner Rückkehr von den Olympischen Winterspielen in Peking. Direkt nach den beiden dort mit Gold gekrönten Erfolgen hatte der 31-jährige Bobpilot wie seine Anschieber auch kaum zwei Stunden geschlafen. Nach der Heimreise zu seiner Frau und seinen Söhnen, die Friedrich über vier Wochen nicht gesehen hatte, konnte er mal etwas länger schlafen. Entsprechend entspannt beantwortete der Pirnaer die Fragen der Journalisten im Ratssaal.
Der ursprünglich am Dienstag von Stadt und Kreissportbund geplante Empfang der Olympiasieger um den Pirnaer Ehrenbürger und Ausnahmeathleten auf dem Markt hatte wegen der bis dahin geltenden Infektionsschutzauflagen leider abgesagt werden müssen. Versammlungen wie jene tags zuvor an selber Stelle, auf dem Markt in Pirna, sind derzeit laut Versammlungsrecht nur dann möglich, wenn sie Kundgebungscharakter haben bzw. der öffentlichen Meinungsbildung dienen.
„Wir sind schon traurig, dass es mit dem Empfang hier und heute nicht geklappt hat. Schade, dass wir den Fans nicht wie 2018 auf einem vollen Markt unsere Goldmedaillen präsentieren können. Aber es ist nun eben so“, bedauerte Friedrich. „Wir hoffen, dass wir das mit möglichst vielen Fans nachholen können, vielleicht dann Ende März, wenn es die Pandemielage ermöglicht.“
Neben Friedrich waren gestern im Ratssaal auch sein Erfolgstrainer Gerd Leopold, der Bürgermeister und RBSV-Landesverbandspräsident Markus Dreßler sowie André Hesse, dem Leiter der Bundespolizeidirektion Pirna, vor Ort dabei. Sie alle waren stolz auf den Rekordchampion.
„Francesco Friedrich ist ein Held, und wir sind vierfacher Olympiasieger“, begrüßte Dreßler den Champion in seiner Heimatstadt. „Er hat mit seiner Mannschaft, einer verschworenen Gemeinschaft, wieder Großes geleistet, er trägt den Namen unserer Stadt in die Welt und bringt die Welt auch nach Pirna.“ Dietmar Wagner, KSB-Geschäftsführer und zugleich Ansprechpartner der Sponsoren-„Allianz Bobteam Friedrich“ überreichte Friedrich und Leopold Blumen und Glückwünsche. Auch Hesse fand viele anerkennende Worte für den Bundespolizisten und großen Sportsmann Friedrich.
Der doppelte Doppel-Olympiasieger hatte anschließend viel zu erzählen. Schließlich schaffte der Rekordweltmeister mit seinen Anschiebern im Eiskanal von Yanqing Historisches – und das unter schwierigen Bedingungen in der Corona-Pandemie.
Zum zweiten Mal infolge gewannen der Pirnaer und sein Team Doppel-Gold im Zweier- und Viererbob. Sie setzten sich in beiden Wettbewerben vor dem bayrischen Dauerrivalen Johannes „Hansi“ Lochner vom BC Stuttgart Solitude und seiner Crew durch. Lochner gab alles, führte sogar einmal zum Auftakt des Viererwettkampfes, fand aber bei seinen womöglich letzten Winterspielen erneut seinen Meister im Topfavoriten aus Sachsen.
Die Mission der doppelten Titelverteidigung bei Olympia haben Friedrich, Vereinskollege Candy Bauer sowie Thorsten Margis und Alexander Schüller (beide SV Halle) und auch der als Ersatzmann stets bereitstehende Martin Grothkopp vom BSC Sachsen Oberbärenburg erfüllt. Dafür hat das Quintett viele Entbehrungen in Kauf genommen, konnte auch viele Leute teils seit vorigen Oktober nicht sehen, habe leider viele vertrösten müssen.
Denn die Gefahr, durch Coronainfektionen entweder mehrere für die Startreihenfolge bei Olympia wichtige Weltcups zu verpassen oder womöglich erst gar nicht in China bei den wichtigsten Rennen seit den Winterspielen 2018 antreten zu dürfen, sei einfach zu groß gewesen.
„Wir waren alle erleichtert, dass wir nach unserer langen Reise und einer langen Zeit ohne Kontakt zu anderen Leuten mit diesen beiden Goldmedaillen nach Hause zurückkehren konnten. Wir haben alle über Jahre gut gearbeitet. Jeder vom Team, auch Martin, der leider nicht bei den Wettkämpfen mit im Bob saß und daher leider keine Medaille bekommen hat, hat immer alles gegeben und seinen Teil zu diesem Riesenergebnis beigetragen“, sagte Friedrich bei einer am Dienstag im Rathaus organsierten Pressekonferenz.
„Man kann diese Erfolge nicht mit jenen von 2018 in Pyeongchang vergleichen. Jede Goldmedaille hat ihre eigenen Geschichte, ihren eigenen Stellenwert“, erklärt der Rekordchampion. „Wir sind einfach nur glücklich, dass wir es geschafft haben. Jetzt bin ich froh, zu Hause zu sein bei meinen Liebsten, erst einmal runterzukommen, zu erholen. Wir werden uns nun sicher mehr Zeit nehmen als in Vorjahren, um mit der intensiven Vorbereitung zu beginnen, vielleicht erst im Juni, wir werden sehen.“
Ziele hat Weltcup-Rekordsieger und Serie-Weltmeister Friedrich jedenfalls noch einige. Den Gold-Hattrick 2026 bei den Winterspielen in Mailand und Cortina in Italien wäre so ein großes Ziel.
Dort würde sein Team aber sich zum Teil etwas neu aufgestellt werden müssen. Denn zumindest Bauer und Grothkopp wären dann mit 39 Jahren wohl nicht mehr am Start. Der aktuell 32 Jahre alte Margis wird sich nach dem erfolgreich abgeschlossenem Maschinenbaustudium ab der kommenden Saison auf Rennen im Viererbob konzentrieren. Das Zweiergold von Yanqing war demzufolge ein krönenden Abschluss mit Friedrich im kleinen Schlitten.
Laut dem 63-jährigen Erfolgscoach Leopold vom Bundestrainerteam, der auch weitermacht, sei nun der Nachwuchs gefragt. Man versuche alles, um Schritt für Schritt starke Talente für 2026 mit ins Boot zu holen. Sie sollen mit Friedrich trainieren, seine Ratschläge verinnerlichen und am besten das erworbene Wissen selbst weiterentwickeln.
Doch noch bleibt das Bobteam Friedrich zusammen. Mit Rücktritten sei derzeit nicht zu rechnen. Und 2023 steht in St. Moritz in der Schweiz schon die nächste WM an – die nächste Gold-Mission!
(skl/Foto: Frank Füssel/KSB)